
Die Antwort fällt mir leicht, bedenke ich die immer wiederkehrende Situation, wenn ein Konter gegen mich rollt, ich den ballführenden Spieler nicht zu eng decke, um nicht ausgetrickst zu werden und ich mit nicht geringen Erstaunen meinen Libero wie von der Tarantel gestochen auf den Angreifer zuflitzen sehe, wobei er den anderen in der Mitte postierten Stürmer frei wie die Liebe in Frankreich stehen lässt. Kein denkender Verteidiger würde so handeln, es sei denn er habe aus dem Nürnberger Fall gelernt und verursache so Gegentreffer, anstatt durch zwei Eigentore in zwei aufeinanderfolgenden Spielen seine Schuld bei der Mafia zu begleichen, doch handelte es sich hierbei um einen denkenden Spieler? Kann man allen Ernstes damit rechnen, solch ein Doppelschlag könne unentdeckt und ungestraft bleiben? Mein Rechner hat noch keine Eigentore geschossen. Ich schon. Wer denkt?
So komme ich nicht weiter. Marco sagte mir, er könne ganze Romane über „KI“ bei FIFA schreiben. „KI?“, frage ich. „Künstliche Intelligenz“, erhalte ich als Antwort und eine Schimpftirade über Abwehrspieler die vor Ball und Gegner weglaufen, Stürmer, die sich hinter dem Gegner verstecken und Torsteher, die den Ball auf sich zukullern lassen um ihn dann noch zur Ecke zu klären. Mal ehrlich; stände ich auf dem Platz, sähe das nicht anders aus, außer dass ich nicht laufen würde, ABER der aufmerksame Leser mag an dieser Stelle einwenden „Du bist ja auch kein hoch bezahlter Profi“ und er hat recht. Mein Verteidiger ist auch kein Profi. Mein Rechner simuliert einen Profi. Ist das künstliche Intelligenz oder simuliert mein Rechner die Intelligenz? Gut dass mein PC nicht wie die meisten realen Fußballspieler nur zum Fußballspielen taugt sondern auch eine Unmenge an Informationen für mich bereit hält. Seit 1960 sei KI eine wissenschaftliche Forschungsdisziplin und befasse sich mit der Simulation bzw. der Nachahmung menschlicher Fähigkeiten. Seltsame Vorstellung. Zwei PCs winden sich nach Luft keuchend im Bett und schwören sich ihre Liebe. Ob der männliche Rechner nachher in den stand-by-Modus schaltet?
Durch eine Einführung in KI komme ich der Sache langsam näher. Das menschliche Gehirn besteht aus 10 hoch 10 bis 10 hoch 11 Nervenzellen und jede hat im Mittel zwischen 1000 und 10000 Verbindungen. Dieses komplexe Netz kann die Wissenschaft heute nicht verstehen, geschweige denn simulieren. Das leuchtet mir ein, doch würde sich unser aller Kindheitsgefährte Peter Lustig, der mir einen tiefen Schlag versetzte, als ich von seiner Homosexualität erfuhr, da ich doch insgeheim immer auf eine Liaison mit seiner Nachbarin hoffte und bei jeder Folge wieder auf wilde, hemmungslose ... naja, vielleicht war Löwenzahn nicht die richtige Sendung für mich, ABER zurück zum Satz: würde Peter sich mit solch einer lapidaren Antwort abspeisen lassen? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, denn ich hab die Sendung schon seit Jahren nicht mehr gesehen, doch in meiner Gedankenwelt voll geschönter Erinnerungen würde er weiter bohren, bis die halbe Stunde um ist.
Wieso wollen Menschen eigentlich ihre eigenen Fähigkeiten simulieren, haben sie sie doch selber. Da fällt mir sofort die Antwort ein. Man hat nicht immer einen Trainingspartner und dann will man gegen einen möglichst realen Computergegner spielen, doch leuchtet jedem ein, dass nicht tausende von Wissenschaftlern mit hohen Budgets für meinen Spielspaß forschen. Doch was lese ich zu meinem Erstaunen? Erste Versuche mit KI beschäftigten sich mit Spielen. Eines der ersten Spiele war Dame und wie groß war doch die Schmach der ersten Niederlage des amtierenden Schachweltmeisters gegen einen Computer. Ich kann es gut nachempfinden, denn stellt Euch mal vor, ihr kommt nach Hause und Eure Frau vergnügt sich mit dem PC im Bett.
Umgekehrt ist dann die Zeit der ewigen Migränen vorbei :-)
Trotzdem keine schöne Vorstellung. Von Expertensystemen lese ich, die in der Wirtschaft höchst rentabel eingesetzt werden und denke dabei an das Auto meiner Eltern, das in der Werkstatt an ein Laptop gestöpselt wird um den Fehler zu diagnostizieren. Ich lese von Fertigungsrobotern, die den Einfluss ihrer Handlungen auf die Umwelt analysieren können. Mir zwingt sich wieder das Bild Frau mit PC in den Kopf und auf mein Gesicht zeichnet sich ein verschmitztes Grinsen. Eigentlich muss ich mich doch freuen, symbolisiert die Unfähigkeit meiner Computermitspieler doch explizit die Perfektion meiner eigenen Schöpfung durch Gott. Der schießt auch Eigentore und das macht ihn mir so sympathisch, auch wenn göttliche Eigentore leider recht dramatische Ausmaße annehmen. Klimaerwärmung, Rinderwahn und das Becker-Drama.
Apropos: Bleibt mein Verteidiger das nächste Mal stehen anstatt den Stürmer zu verfolgen, ruf ich ihm zu: “Gut so, mein digitaler Freund, mach Dich zum Affen und mich zum Menschen!”, denn der Moment, in dem ein Computer Sperma eines anderen im Mund sammelt und sich damit befruchten lässt um ihn erpressen zu können, ist das Ende der menschlichen Identität ;-)